Skip to content

Rant: Edunite

Edunite ist ein schreckliches System.

Die meisten meiner Kollegen, die damit arbeiten müssen, teilen diese Einschätzung. Als "Schuladministrator", der auf unserer Edunite-Plattform noch zusätzliche Befugnisse und Aufgaben hat, muss ich ihnen aber unterstellen, dass sie viele der Kritikpunkte von Edunite noch gar nicht kennen. Tatsächlich fällt mir spontan nur ein einziger Vorteil ein: Nachrichten, die man auf Edunite bekommt, leitet Edunite an eine angegebene E-Mail-Adresse (so vorhanden) weiter. Dies ist einer der Punkte, die Edunite dem "Schulportal" voraus hat—und auch der Grund, warum das "Schulportal" als Kommunikationsmittel völlig ungeeignet ist, genauso wie die "dienstlichen E-Mail-Adressen" (@schule.hessen.de), die alle Lehrer in Hessen ab dem nächsten Schuljahr verwenden müssen. Aber hier soll es um Edunite gehen, und daher:

Login If You Can

Anders als praktisch alle anderen Web-Dienste, bei denen die Authentifikation auf Benutzernamen und Passwörter basiert, kann man sein Passwort bei Edunite nicht selbst zurücksetzen:
Edunite behauptet:
Die Behauptung, es läge am Datenschutz, ist natürlich Unsinn; tatsächlich wurde mir gegenüber bei einem Telefonat mit Ascaion behauptet, diese Funktion sei in Entwicklung und man rechne "bis Ende des Jahres" mit einer Umsetzung.
Der in der Meldung erwähnte "Edunite-Administrator [der] Schule" bin ich. Auf der Schulwebsite befindet sich ein Formular, mit dem man ein neues Passwort anfordern kann. Ein nicht unerheblicher Teil unserer Schüler- und Elternschaft kennt den Unterschied zwischen Edunite-Login und E-Mailadresse nicht und scheitert daran, in das Formular eine funktionierende E-Mailadresse einzugeben, an die das neue Passwort geschickt werden soll. Dies ist nicht vollständig die Schuld der Anwender: Edunite-Logins sind aufgebaut wie E-Mail-Adressen, sind aber keine. Schlimmer noch: Die "Domain", die für unsere Schule Bestandteil der Edunite-Logins ist, existiert, hat aber überhaupt nichts mit unserer Schule zu tun. Ich denke, das liegt daran, dass sich alle Schulen, die Edunite verwenden, dieselbe Login-Seite verwenden. Übrigens hindert mich als "Schuladministrator" nichts daran, Zugänge anzulegen, die so aussehen, als ob sie zu einer anderen Schule gehören, denn die "Domain" ist Bestandteil des Logins und damit frei wählbar.
Dies alles halte ich bereits für gefährlich genug—und peinlich für eine "professionelle" Lösung. Aber es wird schlimmer.

DoS mich, ich bin der Frühling

Eins der wichtigsten Designziele einer Plattform für "effizientes Bildungsmanagement" sollte der Schutz von Schülerdaten sein—diese haben es sich nicht ausgesucht, der Plattform beizutreten und wurden von der Schule angemeldet. Dazu kommt, dass die Art der Daten, die auf Edunite verwaltet wird—nämlich Schülerleistungen und -zensuren—streng vertraulich sind. Daher wird der Zugang für Unbefugte streng unterbunden: Bereits nach wenigen fehlgeschlagenen Login-Versuchen wird das entsprechende Konto gesperrt und muss von einem Administrator wieder freigeschaltet werden. Mit anderen Worten: Jeder Dritte, auch jeder völlig unbeteiligte Dritte ohne Bezug zur Schule, kann jedes Edunite-Konto der Schule sperren, und zwar auch die Lehrerkonten. Auch die Konten, mit denen für alle anderen der Zugang wiederhergestellt werden soll. Um ein Konto zu sperren, benötigt man lediglich den "Login" des Kontos, der bei den meisten Schulen aus dem Namen der Schüler/-innen abgeleitet werden kann und bei den Lehrern aus dem Lehrerkürzel. Diese Art von Denial-of-Service-Angriffen (DoS) ist problemlos automatisierbar und von einem kompletten Laien ohne finanziellen oder großen Zeitaufwand durchführbar. Man kann von Glück reden, dass Schüler der Unter- und Mittelstufe im Allgemeinen nicht mit Computern umgehen können.

Ich würde Sie doch nicht anlügen...

Zurück zu den Passwörtern, die ich als Schuladministrator zurücksetzen muss—selbst, wir erinnern uns, können das die Schüler aus Datenschutzgründen nicht: Ich bekomme also E-Mails, in denen der Name des betroffenen Schülers steht, der Name eines Elternteils, die Klasse und im besten Fall auch noch die E-Mail-Adresse, an die das neue Passwort soll. Nichts davon kann jemals verifiziert werden. Es ist jedem Dritten, mindestens aber jedem Klassenkameraden, trivialerweise möglich, für ein Konto das Passwort zurücksetzen und es sich an eine beliebige E-Mail-Adresse schicken zu lassen. So etwas habe ich sonst noch nirgendwo gesehen. Wohlgemerkt: Hierbei handelt es sich um eine Lösung aus der "freien Wirtschaft", wo alles viel besser und schneller geht.

"Dann machen Sie halt nicht so"

Der uralte Witz geht so:
Kommt ein Mann zum Arzt und sagt: "Herr Doktor, mein Arm tut immer total weh, wenn ich so mache." Sagt der Arzt: "Dann machen Sie doch nicht so!"
Der Witz im modernen Bildungsmanagement geht so: Man möchte das Passwort von Max Mustermann zurücksetzen und sucht daher nach "Max". Es stellt sich aber heraus, dass die Schule mehr als 50 "Max"s hat und sie deswegen nicht auf einer Seite angezeigt werden können. Edunite bietet daraufhin an, auf die zweite Ergebnisseite zu wechseln, auf der alle Max ab Nachname "Koc" sind:Edunite-Suchergebnisse: 25 pro Seite, 3 Seiten werden angezeigt
... aber wenn man darauf klickt, macht Edunite dann so:
Fehlermeldung: Hier geht's nicht weiter.
Dieser Fehler ist nicht nur reproduzierbar: Er ist auch nicht nicht-reproduzierbar, das heißt, er tritt jedes Mal auf. Es gibt, und das ist jetzt kein Witz, Schüler, deren Passwörter ich nicht ändern kann, weil ich ihren Eintrag bei Edunite nicht aufrufen kann. Ich kann auch nicht mit ihrem genauen Namen suchen, denn Edunite ist sehr speziell und hört bei Vor- und Nachnamen beim jeweils ersten Leerzeichen auf zu suchen. Als Beispiel: Ein Schüler, der mit Nachnamen "La Traviata" heißt, kann niemals gefunden werden, wenn es mehr als 50 Schüler gibt, die "La" in Vor- oder Nachnamen haben und die alphabetisch vor ihm kommen.
Oh, und Edunite ist so konfiguriert, dass bei solchen Fehlern immer automatisch eine Nachricht an zwei "Systemadministratoren" (von Ascaion) geschickt wird. Sie wissen Bescheid.

E-Mail als letzte Rettung - oder als Fluch

Wie bereits erwähnt halte ich ein Feature von Edunite für unheimlich wichtig: Edunite besitzt ein Nachrichtensystem, das leidlich bedienbar ist (die Klasse 9x kann nicht gefunden werden, wenn sie als Klasse "09x" eingetragen ist; Kurt Schmitt kann nicht gefunden werden, wenn er bei Edunite als "Kurt Egon Schmitt" eingetragen ist). Zum Glück reicht Edunite, so man in seinem Benutzerkonto seine E-Mail-Adresse hinterlegt, aber alle Nachrichten, die man bekommt, an diese E-Mail-Adresse durch. Mehr noch: Man kann auf diese E-Mails sogar antworten und sie werden dann als Edunite-Nachrichten ins System eingepflegt. Das funktioniert größtenteils gut! Nun ja, wenn man per E-Mail Dateien anhängt, trennt Edunite diese klammheimlich ab; andererseits lassen sich manche Dateianhänge auf Edunite gar nicht öffnen, während sie bei den E-Mails korrekt angehängt und abrufbar sind. Dies alles sollte meiner Meinung nach bei einem professionell entwickelten, produktiv eingesetzten System nicht mehr passieren, aber sei's drum—im Vergleich zu den übrigen Punkten, die ich bisher aufgelistet habe, erscheint mir diese Art von Problem als geradezu liebenswürdige Marotte.
Weniger lustig die Art der E-Mail-Gestaltung. Ich weiß nicht, ob bei Ascaion eine grundsätzliche Abneigung gegen das Medium E-Mail herrscht oder ob sie es nicht besser wissen—beides erscheint mir möglich—aber der Absender aller E-Mails von Edunite lautet: "edunite". Nicht etwa "Anna Müller via edunite" oder etwas Ähnliches, das Aufschluss über Absender und Inhalt der Mail verrät. Wozu den Überblick bewahren? Das Genie beherrscht das Chaos.
Apropos Chaos: Edunite erlaubt den Versand von Nachrichten an (automatisch generierte?) Verteilerlisten à la "alle Deutschlehrer" oder "Alle Lehrer der 5y". Wer zählt als Lehrer der 5y? Praktisch jeder, der mal einen Fuß in den Klassenraum gehalten hat: Jahrgangsübergreifende AGs, Wahlunterricht, Religions-, Musik-, Kunstunterricht in Kursen? Willkommen im Verteiler. Grob geschätzt 80% der Nachrichten, die mich über Edunite erreichen, haben weder Bezug noch Handlungsbedarf, was mich angeht—eine enorme Verschwendung meiner Zeit und Ressourcen. Andersherum übersehe ich wichtige Nachrichten, die über Edunite kommen, weil sie in einer gigantischen Menge an Rauschen untergehen.

Menüs: Die Nutzer-Grenzerfahrung

Ich mache es hier kurz und arbeite mit Bildern.
Die Kids nennen so etwas, glaube ich, "POV" (point of view): Stellen Sie sich vor, ein Kollege hat seinen Deutschkurs abgegeben und er soll nun einem anderen Kollegen zugeordnet werden. Wo müssen Sie klicken?
Auswahl
Gut, das war jetzt vielleicht etwas schwierig. Wie wäre es hier:
Auswahl
Nehmen Sie sich Zeit.

Zugegeben: Dieses Problem haben nur die "Schuladministratoren" und die wurden ja speziell instruiert. Nehmen wir stattdessen ein Problem, vor dem jeder Lehrer des Öfteren steht: Er benötigt eine aktuelle Liste der Schüler in seiner Klasse. Das ist viel einfacher:
Auswahl
Oh, hoppla. Das ist nur für die eigene Klasse, für die man die Klassenleitung hat. Zur Klassenliste der 5z, die im Klassenverband NaWi-Unterricht hat, geht es unter "Kurslisten":
Auswahl
Worauf hätten Sie geklickt - "Kursübersicht"? Da muss ich Sie enttäuschen: Unter "Kursübersicht" können Sie nur "eine Liste aller Kurse Ihrer Schule im gewählten Schuljahr generieren." Logisch. Steht ja auch dran. Wie oft hört man das im Lehrerzimmer: "Ich möchte gerne eine Liste aller Kurse—nur der Kurse, nicht der Schüler—im gewählten Schuljahr generieren." Viel häufiger hört man: "Wie ich Edunite hasse, dieses ************ S*******system! Ich glaube, den Passierschein A38 könnte ich schneller und entspannter kriegen. Vorher kommt aber noch Godot."

Update: Plot Twist!

Trackbacks

Keine Trackbacks

Kommentare

Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt

Noch keine Kommentare

Kommentar schreiben

Standard-Text Smilies wie :-) und ;-) werden zu Bildern konvertiert.
Umschließende Sterne heben ein Wort hervor (*wort*), per _wort_ kann ein Wort unterstrichen werden.
Die angegebene E-Mail-Adresse wird nicht dargestellt, sondern nur für eventuelle Benachrichtigungen verwendet.

Um maschinelle und automatische Übertragung von Spamkommentaren zu verhindern, bitte die Zeichenfolge im dargestellten Bild in der Eingabemaske eintragen. Nur wenn die Zeichenfolge richtig eingegeben wurde, kann der Kommentar angenommen werden. Bitte beachten Sie, dass Ihr Browser Cookies unterstützen muss, um dieses Verfahren anzuwenden.
CAPTCHA

Formular-Optionen

Kommentare werden erst nach redaktioneller Prüfung freigeschaltet!